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fürchtet, allen andern stets ein Stück voraus ist, sich nie-
mals ergibt, mit allen Wassern gewaschen ist, alle Tricks
kennt, sich nicht übertölpeln läßt, alle Waffen beherrscht
 und durch den Glauben an sich selbst ein solches Maß
an Überlegenheit gewinnt, daß er tun und lassen kann,
was er will, jedes Risiko eingehen, sich in jede Gefahr
stürzen, jedes Wagnis auf sich nehmen kann, ohne zu
zögern, weil er mit Sicherheit weiß, daß es ihm gelingen
wird, als Sieger hervorzugehen.
Später Nachmittag, ein angebrochener Tag, keine be-
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sonderen Ereignisse, keine Resultate, sinnlos vertan, aber
was heißt schon : sinnvoll9 , verlorene Stunden, doch kein
Verlust, denn an Zeit herrscht kein Mangel, im Gegenteil
 es kommt darauf an, sie hinter sich zu bringen, und das
ist schwierig genug, wenn die Ewigkeit vor einem liegt.
Daniel schloß sich an den Emotionsgenerator an und
ließ jenes Gehirnzentrum reizen, das fröhliche Zuversicht
auslöst. Danach fühlte er sich unruhig und tatendurstig,
die Enge seines Zimmers störte ihn, und er trat hinaus,
strich ohne festes Ziel durch die Gänge, betrat eine Kabi-
ne des Liftsystems. Vor der Tastatur zögert er: Er wollte
einen Teil des Gebäudes aufsuchen, den er noch nicht
kannte, hatte einfach das Bedürfnis nach neuen Eindrüc-
ken, nach Bewegung, nach Veränderung. Er hatte es ver-
säumt, den Plan zu studieren, und wußte nicht, welche
Koordinaten er wählen sollte. Am Rande des Rechteck-
musters aus Druckknöpfen bemerkte er einzelne Tasten
mit besonderen Symbolen: : STOP9 , : HELP9 , : CALL9 ,
und dergleichen, darunter auch welche, deren Bedeutung
nicht zu entschlüsseln war, wobei ihm das Zeichen : i9
auffiel. Es konnte verschieden ausgelegt werden, doch
zuerst kam ihm die Einheit der Imaginärzahlen, die Wur-
zel aus minus Eins in den Sinn, im Zusammenhang mit
Koordinaten naheliegend, mit Adressen einer realen
Raumordnung jedoch merkwürdig. Kurz entschlossen
drückte Daniel auf den Knopf und tastete, als sich nichts
ereignete, eine beliebige Adresse ein. Die Kabine setzte
sich in Bewegung, kam in Fahrt, die Leuchtzahlen glitten
vorbei, einige Male ein Wechsel in der Fahrtrichtung &
unversehens wurde es dunkel. Nur an der schwachen Vi-
bration war zu merken, daß der Lift noch arbeitete, ein
sanfter Ruck, ein Augenblick des Stillstands & wieder
Bewegung, aber in welcher Richtung? War es die Dun-
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kelheit, die den Gleichgewichtssinn verwirrte, unge-
wöhnliche Eindrücke vorspiegelte? Daniel war sicher,
daß er sich nicht mehr in einer Ebene bewegte, aber auch
nicht abwärts, obwohl die Empfindung jener eines Sin-
kens nahe kam. Er hatte das Gefühl, daß der Boden unter
seinen Füßen schwankte, er verlor die Orientierung, war
nicht sicher, ob er noch aufrecht stand, tastete nach den
Kabinenwänden, um sich zu vergewissern, daß er nicht
frei im Raum schwebte, fand Halt, lauschte in die Fin-
sternis hinein, empfand die Vibration der Fahrt als einzi-
gen reellen Vorgang, glaubte, sich im Kreise zu drehen
und zugleich zu kippen.
Die Kabine hielt & das Schleifen der Tür. Nach wie
vor Dunkelheit. Er trat an die Türöffnung, hielt sich am
Rahmen fest, fühlte mit dem Fuß vor, glitt ab, trat ins
Leere. Das Geräusch hell, leise nachhallend & die Ah-
nung eines großen Raums. Eine Hand am Türrahmen,
eine nach vorn gestreckt  eine Strebe. Der Tasteindruck
glatt, trocken, weder kühl noch warm. Die Finger stri-
chen darüber hinweg, Zentimeter um Zentimeter. Eine
Quersprosse.
Daniel zog sich wieder
in die Kabine zurück. Er suchte in seiner Tasche nach
einem entbehrlichen Gegenstand, fand den Magnet-
schreiber. Er hockte sich auf den Boden & hier die
Schwelle, einige Zentimeter weiter nichts mehr. Er schob
den Stift über die Kante. Er fiel, prallte auf, kollerte &
Stille & Aufprall & Kollern & Er horchte & nichts,
absolute Stille. Er starrte ins Dunkel  kleine Punktrei-
hen, eine Halluzination? Es hatte den Anschein. Ein
Punktraster, einen Atemzug lang ruhig, dann zurückglei-
tend & Ein zweiter, über dem andern, kurze Zeit zu-
sammenlaufend, dann wieder schräg verwinkelt.
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Was war das?
Daniel schloß die Augen, öffnete sie wieder. Die
Punkte waren wieder da, jetzt etwas heller, seine Augen
hatten sich akkommodiert. Wenn er noch ein wenig war-
tete & Seine Aufregung verebbte, das Herz schlug wie-
der ruhig. Er zwang sich zu tiefen Atemzügen & konzen-
trierte sich. Es gelang ihm, die Punktraster zur Deckung
zu bringen. Jetzt sah er ein räumliches Netz, eine regel-
mäßige Anordnung, das Gitter des Graphits, Waben aus
Sternen, Schatten dazwischen.
Er wartete und sah noch mehr. Die blassen Punkte
blieben, bildeten ein festes Gefüge. Sie schimmerten so
schwach, daß sie die Umgebung nicht beleuchteten, doch
die Gegenstände schoben sich als schwarze Abgründe
vor das schwebende Punktmuster, allmählich war es so-
gar möglich, zu erkennen, wie weit entfernt sie waren 
je nachdem, welche Schicht verdeckt war und welche
nicht. Und schließlich, nach 15 Minuten, war sogar ein
Widerschein der Lichter auf den Streben erkennbar, ein
diffuses Blinken auf glatten undurchsichtigen Oberflä-
chen, und die Streben erwiesen sich als eine Art Gerüst,
Stangen, um 60 oder 120 Grad gegeneinander geneigt, in
den Gabelpunkten die Lichtflecke, senkrechte Stützen,
die zur nächsten Schicht führten.
Es war angenehm warm hier, ein schwacher Luftzug
kam von unten. Es war auch nicht mehr absolut still.
Jetzt, da sich Daniels Ohren an die Stille gewöhnt hatten,
hörte er ein Knistern, das aus allen Richtungen kam. Er
kniete nieder, griff an die Stange, die quer vor der Kabi-
nentür dahinlief, rüttelte daran  sie ließ sich weder be-
wegen noch biegen. Er stand wieder auf, streckte einen
Fuß vor, verlagerte das Gewicht nach vorn & Das Gerüst
war fest, ließ sich als Leiter benützen. Er zog seine Schu-
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he aus, die ihm beim Klettern hinderlich waren, stemmte
sie zwischen die Kabinenwand und den Gleitrahmen der
Tür. Nun war sein Fahrzeug fest verankert. Vorsichtig
schob er sich hinaus, über den Abgrund, kletterte ab-
wärts. Nach einigen Metern erreichte er eine Ebene, in
der er die Konturen von Gegenständen erkannt hatte. Aus
der Nähe erwiesen sie sich als Ausläufer einer dunklen
Masse im Hintergrund, Äste, vielfach verzweigt, Aus-
wüchse, Brücken bildend, mit flachen Enden, zylindri-
schen Verdickungen, Kugeln mit strahlenförmig abfüh-
renden Leitungen.
Hier war das Knistern lauter. Es kam von der Periphe-
rie des Astgewirrs, von der vordersten Front & Anzei-
chen von Bewegung  ein Lichtpunkt verschwand, ein
anderer tauchte aus dem Nichts. Daniel konzentrierte sich
auf eine Stelle; einige moosartige Verzweigungen, blin-
kende Kügelchen an den Enden & Jetzt sah er es: die
Zweige wuchsen, die Nadeln streckten sich wie Fühlor-
gane, Tröpfchen zitterten an den Spitzen. Die dünnen
Nadeln wuchsen ruckweise  ein paar Millimeter in der
Sekunde. Aber auch die dicken Fortsätze verlängerten
sich, wenn auch langsamer, kaum merklich. Eine matte
Spiegelung an ihren flachen Enden, eine benetzende
Flüssigkeit? Daniel beugte sich vor und legte einen Fin-
ger daran & er verursachte einen Schauer knisternder
Geräusche. Er hatte einen schwachen, elektrischen
Schlag gefühlt  stand die Masse unter Spannung?
Jetzt konnte er schon leidlich sehen, obwohl das Licht
außerordentlich schwach war. Seine Helligkeit schwank-
te  Quantenrauschen? Über sich sah er den dunklen
Schatten der Kabine. Sie hing an zwei Schienen, nicht
dicker als die Gitterstreben. Unter der Kabine waren die
Schienen zu Ende, hörten unvermittelt auf.
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Daniel fühlte sich jetzt sicherer, hatte keine Angst
mehr, sich zu verirren oder abzustürzen. Er kletterte
seitwärts, stets darauf bedacht, sich mit den Beinen abzu-
stützen, näherte sich der verschatteten Masse, dem Ur-
sprung der gewächsartigen Ausläufer. Soviel zu erkennen
war, erschien sie kompakt, nicht mehr ein Geflecht, son-
dern massiv, da und dort eingekerbt, durchlöchert, aber
in sich geschlossen. Hier waren keine Bewegungen, kei-
ne Geräusche zu konstatieren; der Wachstumsprozeß war
beendet oder stand still. Wieder riskierte es Daniel, die [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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